Ruth-Maria Thomas - Die schönste Version

 REZENSION


Eigenerwerb

Dieses Buch hat mich wütend gemacht. Wütend, weil der männliche Protagonist Yannik ein Paradebeispiel für toxisches Verhalten ist - eine wandelnde Red Flag. Wütend, weil Yella, die weibliche Hauptfigur, das nicht sieht. Weil so viele Yellas da draußen leben. Weil Männer wie Yannik real sind - und ihre Art zu handeln oft als ''normal'' abgetan wird.

Ich war wütend, weil wir Frauen so oft glauben, das liege an uns. Weil wir unseren Selbstwert davon abhängig machen, ob wir gefallen. Weil wir uns anpassen, verbiegen, leise werden - in der Hoffnung, geliebt zu werden.

Ich war aber nicht nur wütend. Ich war schockiert. Getroffen. Weil das Buch schmerzhaft ehrlich zeigt, wie viele Mädchen und Frauen genau das erleben. Vielleicht nicht immer in dieser Härte, aber fast jede Frau kennt das Gefühl, dass ihre Grenze nicht zählt.

Der Schreibstil ist ungewohnt - es gibt keine Anführungszeichen, wörtliche Rede fließt in den Text ein. Anfangs irritierend, aber mit der Zeit wirkt es stimmig. Als würde man mit Yella in einem einzigen, atemlosen Gedankenstrom versinken. Die Atmosphäre ist bedrückend, kalt, rau - genau wie das Thema.

Die schönste Version ist kein leichtes Buch. Es ist unbequem. Es ist brutal ehrlich. Und genau deshalb sollte es jede*r lesen.


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