Eva Reisinger - Männer töten
REZENSION
Die Erstauflage dieses Buches war schon nach wenigen Tagen restlos ausverkauft und nirgends mehr zu bekommen. Kurz danach kam die Nominierung für den Preis des Österreichischen Debütromans. Das Buch ist gerade in aller Munde - positiv wie negativ. Zumindest hier in Österreich.
Schon allein der Titel ist provokant. Töten hier die Männer oder werden Männer getötet? Vielleicht sogar beides? Die wunderschöne Aufmachung des Leykam Verlags tut sein übriges. Das Buch fällt auf. Soll es auch.
Eva Reisinger stellt sich die Frage wie ein Matriarchat in einem Land aussehen würde, in dem die Zahlen der Femizide abnormal hoch sind. Wie würde es sich anfühlen wenn man als Frau keine Angst haben muss? Verpacken tut die Autorin diese Themen in Form eines Romans, der sowohl lustig als auch tragisch, stellenweise sogar dramatisch ist.
Auffällig ist zuerst einmal der Schreibstil. Er wirkt kühl, distanziert und prägnant. Kein Wort zu viel, alles wird direkt auf den Punkt gebracht. Konversationen gibt es kaum. Auch keine Kapitel, lediglich Abschnitte. Diese haben es mir stellenweise schwierig gemacht, denn es war nicht immer klar wenn ein neuer Tag oder ein neuer Rückblick beginnt. Erinnert hat mich dies alles an Benjamin von Stuckrad-Barre, welcher ähnlich schreibt.
Es passt zu dieser Handlung, die so schon schwer genug zu lesen ist. Zumindest als Frau, die sich in vielen Situationen selber wieder finden konnte.
Im Buch geht es viel um Gewalt gegen Frauen. Physische wie Psychische, natürlich (leider) auch Sexuelle. Anna Maria hat solche erlebt, ihre Freundinnen ebenfalls. Sie hält es in Berlin irgendwann nicht mehr aus und zieht zu ihrem neuen Freund in ein Dorf irgendwo in Oberösterreich. Doch dieses Dorf ist anders, das merkt sie sehr schnell. Die Frauen leben hier anders. Lauter, entspannter. Woran das liegt erfährt Anna Maria mit der Zeit. Auch warum das Dorf so wenig Männliche Bewohner hat.
Mir haben die vielen verschieden Aspekte, Perspektiven und Gedanken zu diesen Themen sehr gut gefallen. Es hat definitiv zum nachdenken und diskutieren angeregt. Ich finde den ''Auge-um-Auge'' Gedanken zwar nicht sehr toll, aber es war eine interessante Idee. Persönlich würde ich mir eine andere Art von Matriarchat wünschen, dennoch ging es in der Handlung eher darum den Spieß einmal umzudrehen und zu schauen was passiert. Es soll provozieren.
Wirklich toll fand ich das Thema Freundinnenschaft. Eva Reisinger hat diese großartig zum Ausdruck gebracht. Es war fast schon eine Hommage, und als Leser*in merkt man wie wichtig diese ist. Wie bestärkend und ermutigend. Wir brauchen diese Gemeinschaft, diesen Zusammenhalt.
Das dass Buch polarisiert ist ganz klar und meiner Meinung nach auch wichtig. Es ist jetzt nicht unbedingt der beste Roman meines Lebens, hat einige Schwächen, aber er tut was er soll: Aufmerksamkeit erregen. Wir dürfen unsere Augen nicht vor diesen Themen verschließen. Sie müssen aufhören alltäglich zu sein. Und dafür ist dieses Buch perfekt.